Reise nach Portugal (5)

(Fiktive Briefe)

Liebe K.,
ich musste schmunzeln, als ich las, dass deine zufällig gegriffene Reiselektüre auf der Fahrt zur Geburtstagsfeier von Virginia Woolf handelt und ein Geschenk von mir war. Beim Besuch einer Kirche, die zu einem Buchladen umgebaut worden war, griff auch ich ganz zufällig zu einem Buch mit einem Foto von Virginia Woolf auf dem Cover!

Nachdem ich den Film HOURS (2002) gesehen hatte, las ich den Briefwechsel zwischen Virginia Woolf und ihrer Freundin Vita Sackville-West, fand, dass das ein Buch für dich sei und schenkte es dir mit Widmung. Das ist mehr als zwanzig Jahre her. Wahnsinn!

Buchladen in Óbidos

Das sehr gute Wetter hat uns inzwischen verlassen und ist nach Deutschland getrampt:-)) Der Norden liegt nun hinter uns und fahren nach Süd-West. Zuvor gab es einen Abstecher zum TORRE, dem höchsten Berg auf dem portugiesischen Festland. Auf 1900 m sahen wir vereinzelte Schneefelder und mehrere Gletscherseen inmitten von Geröll und Gesteinsbrocken.

Serra da Estrela

Gletschersee

Schneefeld

Bei der Abfahrt vom Torre fehlte Reiner aus unserer Gruppe. Seine Frau bemerkte es nicht und erst nach einer Weile ertönte der Schrei: Reiner fehlt!!! Wir sammelten ihn wieder ein und das Lästern begann. Frage stand: Wollte er nur Zigaretten holen?

Die nächste, schwierige Wanderung mit einem 600m steilen Aufstieg habe ich ausgelassen, bin dafür mit kleiner Gruppe zu einem Wasserfall gewandert. Meine Knie haben es mir gedankt!

Ein Picknick, ausgerichtet von einer Familie, die eine Schäferei und Hotel betreiben, war ein nächster Höhepunkt. Viele Spezialitäten aus der eigenen Produktion, serviert mitten im Wald an einem kleinen Fluss, 20 Grad und Sonne- mehr ging nicht.

Auf der Fahrt zum Hotel ein weiterer Halt bei der mittelalterlichen Festung Castle of Transcoro. Den Kaffee an dem Tage hatten wir uns redlich verdient.

Ganz allmählich bemerke ich Probleme, mir alles zu merken und zuzuordnen, stelle fest, dass ich ab und an nicht weiß, was für ein Tag ist. Du weißt ja, liebe K., das ist eine der ersten Fragen bei Bestimmung der Pflegestufe :-))
Mit war nicht bewusst, wieviele Kirchen, Burgen und Festungen es hier gibt. Die meisten gut erhalten, da es hier wenig Zerstörungen durch Kriege gab.

Ein Höhepunkt war der Besuch der ältesten Bücherei in der Universität in Coimbra, in der nicht fotografiert werden durfte. Der ganze Ort faszinierte mich. Studenten in schwarzen Talaren wie aus den Harry-Potter-Büchern entsprungen, bevölkerten die Strassen und Gassen, aus denen immer wieder Fado-Musik erklang.

Universität Coimbra

Wir betraten ein Restaurant in einer Gasse, weil ich sah und dachte, eine Besucherin isst Blutwurst und Pellkartoffeln. Ich fragte sie, ob es schmeckt (Daumen hoch) ließ es mir auf der Karte zeigen, wir bestellten und aßen dunkel gebratene Schweinbäckchen mit Pellkartoffeln und Gemüse! Passiert, wenn man die Sprache nicht beherrscht! Es schmeckte vorzüglich. Dazu, nun, du errätst es niemals nie, liebe K., was wir dazu tranken …

Unbedingt erwähnenswert ist der Wallfahrtsort Fatima. Wir besuchten ihn am 25.April, dem Nationalfeiertag und es waren viele Besucher auf dem Gelände. In der Kirche wurde eine Andacht gehalten und auch vor der Kirche standen viele Menschen. Einige versuchten, die Kirche auf Knien ‚laufend‘ zu erreichen. Kurz überlegte ich auch, das zu tun, vermute aber, dass es nicht förderlich gewesen wäre. Für meine Knie. Der Glaube fehlte. Die neue Wallfahrtshalle fasst 9000 Pilger. Der große Platz erinnerte mich an den Petersplatz in Rom.
Insgesamt sehr beeindruckend!

Kirche in Fatima

Unser nächstes Hotel wird von zwei Französinnen geführt, eingerichtet mit vielen selbstgestalteten Details wie Lampen, Kissen, Decken, Geschirr und auch ein Hallenbad mit verschiedenen Düsen, fast ein ‚thermaler‘ Charakter. Wie eine Robbe genoss ich das warme Wasser und ließ mich vom Wasserstrahl massieren. Sehr angenehm!

Wasser, ein verbindendes Element zwischen uns, liebe K., nicht umsonst wohnen wir beide am Wasser.
Schön, dass dir meine kleinen Berichte gefallen. Der nächste wird feucht, denn wir erreichen den Atlantik.
Liebste Grüße!