In der Sauna, hier und dort

Wir haben Winter, es ist kalt, es wird zeitig dunkel, die Strassen sind glatt, der Himmel meist bewölkt und doch empfinde ich diese Zeit als angenehm. Einfach deshalb, weil es eine Sauna gibt. Ein Ort, wo ich von Wärme umhüllt werde und den Erinnerungen freien Lauf lassen kann.

Geschafft!
Mein Gesicht glühte, die Haare im Nacken und an den Schläfen waren ganz feucht und ringelten sich. Der Schweiß lief zwischen meinen Brüsten nach unten, wurde vom T-Shirt aufgesaugt. Ich transpirierte gleichmäßig aus allen Poren. Dadurch roch mein Schweiß nicht. Man konnte fast von einem harmonischem Tropfenfall sprechen.
440 kcal verbraucht in 25 Minuten, gut gemacht!
Ein klasse Gefühl, die eigene Trägheit überwunden zu haben, obwohl ich keine Lust hatte, überhaupt in das Sportstudio zu gehen. Sollte ich weitermachen? Die große, leicht beschlagene Fensterscheibe warf mein diffuses Abbild zurück. Solange es draußen dunkel war, konnte man sich im Fenster spiegeln. So schlecht war ich nicht in Form! Zum Abschluss wollte ich noch kurz auf dem Stepper trainieren.
Besetzt, der Stepper war besetzt mit diesem Adonis! So wie dieser Mann ausschaute, war das Gerät länger besetzt. Ich bemerkte, wie er auf die leicht beschlagene Fensterscheibe starrte, sein Abbild sah. Er konnte sich nicht losreißen von seinem Anblick! Doch wie wir alle sah auch er sich unscharf in der Fensterscheibe.

Dann schaute er sich verstohlen um, ob die junge Trainerin registriert hatte, wie lässig er trainierte. Nein, hatte sie nicht, sie unterhielt sich die ganze Zeit über mit einem anderen durchtrainierten Mann, der sie immerzu berührte. Wie zufällig. Sie lächelte in meine Richtung, dieses verstehende Lächeln unter Frauen, die genau spüren, was in einem Raum abläuft. Ich lächelte zurück.
Mir blieb also an dem Tage nur die Sauna. Unter der Dusche überkam mich ein Anflug von Bedauern. Hätte ich nicht doch weitermachen sollen? Ich hätte doch an ein anderes Gerät gehen können?
Der Temperaturwechsel unter der Dusche überzog meine Haut mit heißkalten Nadelstichen und gab mir das Gefühl von Straffheit. Ich hätte vor Fitness zerspringen können!
Die Dampfsauna war leer. Ich stieg hinauf und setzte mich auf die oberste Stufe, bekam Gänsehaut, ein Phänomen, das ich immer beobachte. Große Hitze auf meinem erhitzten Körper verursacht Gänsehaut.
Ich entspannte, merkte, wie sich die Gänsehaut glättete, die Brustwarzen weich wurden.
Ich schloß die Augen und glitt gedanklich weg in eine andere Sauna, auch eine Dampfsauna, eine sogenannte Natursauna. Alles dort ist ursprünglich, einfach.
Ich schreite durch eine Art durchlässige Gummiwand und taste mich auf die Steine, weil die Beleuchtung sehr schwach ist. Zu Anfang sehe ich so gut wie nichts, was den Gang unsicher macht. Die Sitzgelegenheiten sind aus dem Berg gehauene Felsbrocken, rau und mit Spalten versehen, aus denen die heißen Wasserdämpfe, mit Schwefel vermengt, dringen. Es ist eine andere Hitze, anderes Wasser, das meine Haut weich und samtig macht.
Ich streiche das perlende Wasser von meinem Körper, bleibe manchmal in meiner Mitte hängen, reibe, fühle die Erregung. Mir wird dann noch heißer und ich fühlte auch damals in der Sauna des Sportstudios, dass mich diese Welle überrollen könnte.

„….hat der Malte der Swantje das Holzauto auf den Kopf gehauen und ich schrie ihm zu…..“
„Neeeeeiiiiiiiiin!! Um Gottes willen, mit dem schönen Holzauto, das ich dem Malte von der Ökogartenschau mitgebracht habe?“, hörte ich plötzlich Stimmen und öffnete träge meine Augen.

Zwei dieser spätgebärenden Frauen kurz vor Mitte vierzig betraten die Dampfsauna. Bei ihnen hatte das Breitenwachstum eingesetzt und ich wusste aus Erfahrung, gleich würden sie über ihre vergeblichen Versuche, abzunehmen und die göttlichen Geschöpfe, ihre Kinder, bei denen bisher keine der gängigen Erziehungsmethoden angeschlagen hatte, erzählen, laut erzählen und ich hätte ihnen gerne zugerufen, ach, seid doch still, lasst euch von der feuchten Wärme einlullen, denkt an etwas Schönes, aber seid doch einfach still!
Fast gleichzeitig erblickten sie mich auf der obersten Stufe, warfen mir einen flammenden Blick zu oder das, was sie dafür hielten. Normalerweise hätte ich damals wie ein Stück Holzkohle die Stufen runterpoltern müssen.
Ich drehte mich etwas weg, schloss meine Augen, hörte, wie sich die Tür schloss.
Ich kehrte in meine virtuelle Sauna zurück und strich real mit meiner Hand über meinen Bauch, strich den Wasserfilm weg, immer weiter abwärts.

3 Kommentare zu „In der Sauna, hier und dort

  1. Bodybuildingschulen und dergleichen Etablissements meide ich notorisch. Aber in der Sauna war ich gestern auch. Schade, dass ich deinen eindrücklichen Bericht erst jetzt zur Kenntnis nehme. Ich müsste jetzt eigentlich nochmals die Sauna aufsuchen und dabei einen Bericht über meine Befindlichkeiten in der Sauna niederschreiben.
    Schöne Grüsse,
    Robert

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