Ausgeladen und willkommen

Polen hat unsere Landsmutter Ende Februar ausgeladen!
Frau Schwesig wurde der Staatsbesuch verweigert, weil ihre Besuchsankündigung innerpolitischen Protest auslöste. Polen hatte immer wieder Kritik an den Plänen zum Bau der Gasleitung Nord Stream 2 geübt. Schwesig hat sich in den vergangenen zehn Jahren stark für den Dialog zwischen Deutschland und Russland eingesetzt – und auch den Bau der stark umstrittenen Gaspipeline Nord Stream II unterstützt und stand deshalb für einen pro-russischen Kurs. Den dürfe Polen nicht vergessen und deshalb gab es Bedenken.
Es sollte der erste Auslandsbesuch der SPD-Politikerin Schwesig als Bundesratspräsidentin werden.
Die Reise wird nachgeholt.

Vorher besuchen wir die polnische Ostseeküste und sind sehr willkommen, so wie jeder deutsche Tourist willkommen ist.
Früher waren die niedrigen Kosten das Hauptargument für Ferien an der polnischen Ostseeküste. Nun sind die Preise deutlich höher, aber die vielen Gäste kommen weiterhin in Scharen. In Swinemünde, dem einzigen polnischen Seebad auf der Zwei-Länder-Insel Usedom, sind die Hotelpreise in den vergangenen fünf Jahren nach Angaben von einheimischen Touristikern am stärksten gestiegen – um etwa 40 Prozent.

Swinemünde ist das teuerste polnische Urlaubsziel. Zu manchen Zeiten im Jahr kosten Quartiere in den Luxus-Hotels dort sogar schon mehr als vergleichbare Ziele an der deutschen Ostsee.
Zur Wahrheit gehört aber, dass im Durchschnitt und aufs ganze Jahr bezogen auch Top-Hotels in Swinemünde immer noch viel günstiger sind als die an der deutschen Ostseeküste.
Für viele deutsche Gäste sind die Preise jedoch ohnehin nicht mehr Hauptkriterium für diese Reisen.
Es ist das Gesamtpaket. Die Hotels sind oft auf allerneuestem Standard, die Mitarbeiter sehr freundlich und auch die Stimmung in den Orten ist gut.
Unser Ziel ist der kleine Ort Misdroy. Man munkelt, dass dieser Ort die polnische Antwort auf Sylt sei oder gar Warnemünde?
Letzteres könnten wir herausfinden. Das erstere halte ich für ein Gerücht.
Misdroy, ein Seebad, liegt auf der Nordseite der der Insel Wolin. Früher war die heute 5500 Einwohner zählende Stadt ein kleines Fischerdorf. Nachdem man Solequellen gefunden hatte , entstanden Hotels, Pensionen und ein Kurpark. Besonders Vermögende zog es in diesen Ort. Noch heute sieht man gen Westen sehr schöne Villen, die aber zunehmend von riesigen Hotelkomplexen verdrängt werden.

Bei strahlendem Sonnenschein, 4 Grad, fahren wir in Warnemünde los. Es wird zunehmend diesiger, Wolken hängen tief und kurz vor Ankunft müssen wir feststellen:
Die Polen haben unsere Regenwolken gestohlen!
Grau in Grau und feucht begrüßt uns das Nachbarland und das soll auch die nächsten zwei Tage so bleiben. Die Wolken hängen tief und der Geruch der Kohlenheizungen ist allgegenwärtig. Fast hatte ich diesen Geruch vergessen!

Das Hotel liegt zentral im Ort mit Sicht auf die Mole. Wobei- die Sicht ist eingeschränkt durch viele Kioske und „Fressbuden“. Das ist ein auffälliger Unterschied zu Warnemünde, diese vielen Buden auf der Promenade.

Eingang Mole

Die bis zu 395 Meter ins Meer ragende Mole in Misdroy gehört zu den längsten in Europa.

Am Ende der Mole wurde eine spezielle Anlegestelle eingerichtet, an der Touristenschiffe festgemacht werden, die Misdroy mit Ahlbeck auf Usedom verbinden. Von der Mole aus erstreckt sich ein außergewöhnliches Panorama der Pommerschen Bucht.
Unser Hotel erfüllt alle Erwartungen, von Freunden empfohlen wegen sehr guter Küche und SPA-Möglichkeiten. Wir sind nicht unbedingt Freunde von Halbpension, aber in diesem Fall war es eine gute Wahl, da verschiedene polnische Spezialitäten angeboten werden.
Viele Restaurants und auch Geschäfte im Ort sind geschlossen. Wir sind in der Vorsaison! Wenige Menschen am Strand bzw. auf der Promenade. Der eisige Wind aus dem Osten vertreibt sie alle.
Unabhängig vom Wetter gibt es Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben. Am Strand weht der kalte Wind. Ein Spaziergang eher also nicht so gut.
Eine Attraktion wurde uns empfohlen: Besichtigung der Bunker aus dem 2.Weltkrieg. Eigenartiges Gefühl. Empfehlung? Wofür? Den nächsten, aktuellen Bunker?

Der Weg führt durch den Ort mit Abzweig in den Wald. Alles gut ausgeschildert. Wir kommen an einen Waldabschnitt, der mit Stacheldraht, völlig verrostet, eingegrenzt ist. In der Ferne sehen wir die ersten Bunker. Ein diffuses, unangenehmes Gefühl macht sich in mir breit. Durch die erhöhte Lage des Berges wurden hauptsächlich Betonbunker für die Luftverteidigung und den Küstenschutz gegen Angriffe von See gebaut. Diese Bunker werden nicht mehr gebraucht, aber die Entfernung würde hohe Kosten erfordern. Fast zwei Kilometer Weg der Militärarchitektur müssten entfernt werden.
Der Rundweg endet am Hafen, wo drei Schiffe am Strand liegen. Laufen sie aus?

Eher nicht.
Es ist einfach nur kalt und deshalb führt der Weg direkt ins Hotel in den SPA-Bereich. Whirlpool- Keimschleuder? Oder doch nicht? Entscheidung geht in Richtung ‚NICHT‘! Ich mag es, diese verschiedenen Düsen, das warme Wasser, das den Körper umströmt. Also keine Keime! Davon mal ab, ich denke, vieles findet in meinem Kopf statt und wenn ich glaube, es passiert, dann passiert es.
Heute, glaube ich, passiert nichts. Und – es passiert nichts!
Die Dampfsauna ist ein weiteres Highlight! Ich liebe diese feuchte Wärme! Zum Abschluss ins Schwimmbecken. Schööön! Auch das Abendbüffet mit vielen polnischen Spezialitäten überzeugt.
Die nächsten empfohlenen Sehenswürdigkeiten, inzwischen bei Sonnenschein, wie Bisonpark und Wachsfigurenkabinett oder der ‚Walk of Hand‘

besuchen wir und Unternehmen einen langen Strandspaziergang. Der Sand hier ist feiner, ohne Steine, andere Farbe, läuft sich ’schwerer‘. Ich sehe die kleinen Lachmöwen, bei denen hier das Füttern nicht verboten ist. Oder nur Unkenntnis? Es gibt sehr schöne Parks in Misdroy und auch der grosse Spielplatz in Nähe des Strandes und der Promenade ist sehr gut durchdacht. Einkaufen kann man natürlich auch:

Fachhandel

Im Ort gibt es viele Bausstellen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, das überall dort, wo gerade Platz ist, eine Hotel oder ähnliches gebaut werden darf. Sehr grosse Hotelkomplexe entstehen in Strandnähe. Das kennt man hier bei uns an der Ostseeküste nicht, da wird schon auf Abstand geachtet bzw. ob so ein Riesenkomplex an den Strand, in die Landschaft passt.
Angebot und Nachfrage!

Hotelneubau

Die Hotels sind ausgelastet, der Service ist gut, warum also nicht noch mehr bauen?
Ich kenne mich in Polen nicht aus, finde es aber einfach zu ‚vollgebaut‘.
A b e r- ich habe nichts zu sagen.
Bin froh, hier an der mecklenburgischen Küste zu leben, wo die Uhren anders ticken.
Noch.

5 Kommentare zu „Ausgeladen und willkommen

  1. Ich liebe die Ostseeküste – vom Klützer Winkel bis nach… bisher bin ich nur bis Kąty Rybackie auf der frischen Nehrung gekommen.

    Vielen Dank für den farbigen Bericht. Macht gleich wieder Lust auf die polnische Gastfreundschaft.
    Von der Insel Wollin stammten die Eltern von Uwe Johnson. Geboren wurde er in Cammin (Kamień Pomorski). Unbedingt „Jahrestage“ lesen. Oder wenigstens den 4-teiligen Film ansehen…

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  2. Das einzigartige Gefühl bei den Bunkern und den Fragen dazu kann ich gut nachvollziehen. Riesige Komplexe von Hotels an der Küste, auch nicht mein Ding. Danke für die Fotos im Text. „Walk of Hand“: Wem gehört nur die Hand, die so aus dem Boden ragt? Liebe Grüße an Dich. Helga

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  3. Sehr schöne Fotos und ein interessanter Bericht, Jutta-typisch – sehr gut! Ich mag ihn.

    Wir waren vor Jahren im Rahmen einer Regatta in Sopot, für mich das erste Mal nach DDR-Zeiten, 2014. Ich fand es sehr schön, natürlich waren wir auch in Danzig. Preise waren noch sehr angenehm für uns. Die Hotels sehr modern, zumindest die Neubauten, schon schicker als hier an der Ostsee. Aber, auch ich bin froh, hier an der mecklenburgischen Küste zu leben!!!

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