Reise nach Portugal (3)

(Fiktive Briefe)

Liebe K.,
ich freue mich , dass du dir die Zeit für eine Nachricht nimmst. Auch von anderen hörte ich, dass es in Deutschland fast einen ‚Wintereinbruch’ gegeben hat. Aber 31 Grad hier sind auch etwas zuviel! Ich weiß, das ist Jammern auf höchstem Niveau :-))
Die russische Firma, die die Sauna aufbaut, konntet ihr nicht finden? Sollte sie nicht mehr existieren? Wir erkundigen uns, wenn wir zurück sind.
Wir haben Porto verlassen und reisen weiter in Richtung Norden. Die erste Station ist das kleine Städtchen Guimarães, in dem der erste König geboren wurde, der diesen Ort zur ersten Hauptstadt ausrief und wir besichtigten den Palast der Herzöge von Bragança mit den aufwändigen Möbeln und Wandteppichen.

Palast der Herzöge in Guimarães
Palast-Innenhof

Die kleine Stadt mit ihren Gassen und der pittoresken Kirche verzauberte mich. In einem Café aßen wir vier verschiedene von den traditionellen Törtchen, die wir brüderlich teilten. Fast! Die Sonne brannte heiß vom Himmel, ringsum Stimmengewirr, der Kellner reichte auf meine Bitte hin Milch nach und meinte lachend, dass das 3 € extra kostet! Wir stimmen in sein Lachen ein. Noch ein Törtchen? Eins ginge noch. Nein wurde mir energisch angezeigt. Schade …

Viana do Castelo
Café
Pittoreske Kirche

In der meiner letzten Mail schrieb ich, dass wir in der Gruppe fremdeln. Meist braucht es ein kollektives Ereignis und der Bann ist gebrochen. Bei unserer ersten längeren Wanderung gab es das. Und ich war die Hauptakteurin! Ich gebe zu, dass ich nicht die große Wanderfreundin bin und bei Ankündigung von Schwierigkeitsgrad ‚leicht bis mittel‘ läuten meine Alarmglocken! Mit dem Bus ging es die Berge hinauf, immer vorbei an Eukalyptusbäumen, die für die Papierherstellung gebraucht werden. Auf einem Dorfplatz hoch oben starteten wir unseren Rundweg von ca. 9 km. Es ging abwärts, was kniemässig unangenehmer ist als aufwärts. Anfangs ein befestigter Weg mit kleinen Erhebungen, der später in Zustand ‚geröllmässig’ überging. Größere und kleinere Steine lagen auf den Wegen und ich passte höllisch auf. Es passierte trotzdem! Ein Stein rutschte unter dem Fuß weg, ich verlor das Gleichgewicht und fiel seitwärts der Länge nach hin. Noch im Fallen dachte ich: Abstützen und abrollen!Aber die Schwerkraft siegte und ich fiel ungebremst wie ein, gut, es muss gesagt werden, wie ein nasser Sack! Allein konnte ich nicht aufstehen – Schock? Sofort waren mehrere Hände da, die mich hochhievten und wieder aufstellten. Inzwischen wieder hellwach, fühlte ich nach, was es für Blessuren gab. Arm und Hand aufgeschlagen, Blut, Hüfte geprellt. Insgesamt Glück gehabt! Ein Arzt aus der Gruppe, versuchte sich in erster Hilfe, wurde aber von Reinhold, freiwilliger Feuerwehrmann, beiseite geschoben. Er beruhigte mich und alle anderen, wusch die Wunden mit kaltem Wasser aus, was die Blutungen stoppte. Die restliche Zeit der Wanderung hatte ich die Sympathie der Gruppe und es verbot sich von selbst, irgendwie rumzujammern.
Meinen Namen kannte nun jeder, aber ich musste noch mehrmals die anderen Namen nachfragen.
Unterwegs machten wir Halt an einem Wasserfall, sahen blühenden Ginster und Heide, eigentlich nichts Besonderes. Besonders war die Sonne, die sich von keinerlei Wolken vertreiben ließ. Wir beobachteten eine Bäuerin, die noch auf traditionelle Weise ihr Feld bestellte.

Wanderung in der Serra de Arga
Vegetation unterwegs

In Viana do Castelo zurück erkundeten wir die Stadt. Hier hatten wir den ersten Kontakt mit dem Atlantik. Ein grüner und ein roter Leuchturm standen am Ende der Mole, ähnlich wie bei uns in Warnemünde. Der Strand ist breit, sandig, ohne Steine. Einige wenige badeten. Ein recht idyllisches Fleckchen Erde!

Viana do Castelo
Strand
Kathedrale
Unser Hotel

Der nächste Halt führte landeinwärts in den charmanten Ort Ponte de Lima, eingebettet in eine malerische Flusslandschaft. Der Name der historischen Stadt geht zurück auf die römische Brücke aus dem 1. Jahrhundert, die den Fluss Lima überquert. Der Jacobsweg führt durch diesen Ort.

Ponte de Lima
Marktfrauen

Es war Sonntag, Markttag und die Stadt war voller Menschen. Märkte sind absolut mein Ding! Ich liebe diese unverbindliche Atmosphäre des Gebens und Nehmens. Schnell kam ich mit dem Mann, der Wein ausschenkte und kleine Köstlichkeiten anbot, ins Gespräch. Wobei Gespräch übertrieben ist, den ich spreche keine Portigiesisch und er sprach nur seine Heimatsprache. Was nicht weiter störte, es gibt die Körpersprache und die funktioniert immer. Wir lachten viel, tranken aus Bechern Vinho Verde, gekeltert in Lima, der gerade mal 1 € kostete und wunderbar süffig war. Inzwischen standen wir zu dritt und jeder wollte mir einen Wein spendieren. Ich fühlte mich zunehmend wohl, auch noch, als ich feststellte, dass ich die Gruppe verloren hatte.

Markt

Was mich nicht weiter beunruhigte. In einer kleinen Stadt findet sich alles wieder. Und so war es auch.
„Wo warst du denn so lange?“, wurde ich von meinem Reisebegleiter gefragt.
„Da hinten …“ , antwortete ich, zeigte in Richtung Fluss, immer noch mit dem süffigen Lächeln im Gesicht.
Die Menschen hier sind freundlich und aufgeschlossen, die Orte sehr sauber und gepflegt, zumindest hier im Norden. Der Reiseleiter wusste zu berichten, dass das auf viele EU-Gelder zurückzuführen sei. Immerhin, gut angelegtes Geld!
Die Abende klingen fast immer mit Vinho Verde aus, der anders schmeckt als der, den ich kenne.
Aber das brauche ich dir nicht zu schreiben oder erklären, liebe K., wie Urlaubsabende ausklingen :-)))!
Für morgen wurde eine mittelschwere bis schwere Wanderung angekündigt. Wie ich mich kenne, werde ich mir diese drei Stunden als Auszeit gönnen, durch den Ort bummeln, Kaffee trinken und mir später erzählen lassen, wie die Wanderung verlaufen ist.
In Vorfreude darauf sende ich
liebste Grüße aus dem heißen Portugal!

9 Kommentare zu „Reise nach Portugal (3)

  1. Tolle Idee, den Reisebericht als Brief zu schreiben! Die Fakten kommen gleich persönlicher und lebendiger an, bei aller Information über Land und Leute. Ein echter Lesegenuss! Und so schön bebildert. Danke!

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    1. Danke!
      Es gibt viele Reiseberichte und ich ertappte mich, dass ich gern gelesen hätte, was der Schreiber neben den Sehenswürdigkeiten gesehen, erlebt, welche Begegnungen es gab. Als Rahmen hatte ich diese Idee. Schön, dass es dir gefällt.
      LG Jutta

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  2. So ein schöner Reisebericht! Und dazu warm und Sonne, ich gebe zu, ich bin etwas neidisch, das geht nicht anders bei 5 Grad und Regen.

    Bring ein wenig Wärme mit und genieß Deine freien Stunden.

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    1. Inzwischen ist es nicht mehr so warm, aber 21 Grad reichen für eine Rundreise allemal. Die Sonne kommt demnächst auch zu dir, versprochen😉

      Danke und lieben Gruß !

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